Klagenfurt in Barrikaden!

Den 3. Dezember 2002, den Internationalen Tag der Menschen mit Behinderungen, haben das Beratungs-, Mobilitäts- und Kompetenzzentrum (BMKz) für Menschen mit Behinderungen in Klagenfurt sowie Integrationspädagogik-Studierende der Universität Klagenfurt zum Anlass genommen, die Stadt Klagenfurt auf ihre Behindertenfreundlichkeit hin zu prüfen.

Auf Basis des kürzlich vom Sozialreferenten der Landeshauptstadt Klagenfurt herausgegebenen Stadtführers „friendly – Der persönliche Helfer für Menschen mit Behinderungen“ wurde im Rahmen eines von Frau Univ.-Ass. Mag. Dr. Marion Sigot geleiteten Projektseminars über bauliche Barrieren für Menschen mit Behinderungen in Klagenfurt diskutiert und zum Abschluss am 3. Dezember 2002 ein Rundgang/eine Rundfahrt durch die Klagenfurter Innenstadt durchgeführt

Die Diskussionen rund um den Stadtführer „friendly“, dessen Herausgabe grundsätzlich positiv bewertet wurde, haben zahlreiche Kritikpunkte gebracht:
So wurde befunden, dass der Stadtführer nicht sehr anwenderfreundlich und sehr lückenhaft ist. Wichtige Informationen zu Standorten von Bankomaten, Zugänglichkeit öffentlicher Verkehrsmittel, Tankstellen mit Bedienung sowie zu Einkaufsmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen sind nicht vorhanden. überhaupt keine Berücksichtigung fanden Freizeit- und Kulturangebote. Bezüglich der Handhabbarkeit wurde insbesondere festgestellt, dass der Stadtführer sehr unübersichtlich gestaltet wurde; u.a. würden ein Register sowie die Kennzeichnung vorhandener Behindertentoiletten und -parkplätze auf der Übersichtskarte sehr zur Benützerfreundlichkeit beitragen. Für Menschen mit Sehbeeinträchtigung ist der Stadtführer aufgrund der kleinen Schrift kaum verwendbar. Zudem wurde bemängelt, dass der Stadtführer nicht über das Internet abrufbar ist, was vor allem für auswärtige behinderte Menschen von Vorteil wäre, da sie sich den Stadtführer nicht bereits Tage vor ihrem Klagenfurtbesuch postalisch bzw. erst vor Ort besorgen müssten, sondern sich auch von zu Hause aus kurzfristig einen Überblick verschaffen könnten. Außerdem würde eine online-Version des Stadtführers auch künftige Aktualisierungen in kürzeren Intervallen erleichtern.

Der Stadtrundgang/die Stadtrundfahrt hat augenscheinlich werden lassen, dass ältere und/oder beeinträchtigte Menschen sowie sich mit Kinderwagen unterwegs befindende Mütter bzw. Väter in der Landeshauptstadt Klagenfurt mit vielfältigen Hindernissen konfrontiert werden: Zahlreiche Geschäftslokale sind überhaupt nicht bzw. nur schwer zugänglich, Gaststätten und Restaurants sind großteils nicht mit für Menschen mit Behinderungen geeigneten Toiletten ausgestattet; Schlüssel zu Behindertentoiletten müssen erst umständlich besorgt werden und können daher nur mit gut trainierter Blase und entsprechend trainiertem Mastdarm rechtzeitig erreicht werden, hohe Gehsteigkanten und steile Auffahrtsrampen stellen unüberwindbare Hindernisse und ein hohes Verletzungsrisiko dar, Arztpraxen sind nur vereinzelt zugänglich – somit haben Menschen mit Behinderungen nicht die Möglichkeit, sich einen Arzt ihres Vertrauens zu wählen. Positiv registriert wurde die Hilfsbereitschaft zahlreicher Beschäftigter in Kaufhäusern und Lokalen sowie von Passanten auf der Straße.

Auf Grundlage der vorangegangenen Aktivitäten im Rahmen des Projektseminars und des Stadtrundgangs/der Stadtrundfahrt am 3.12.2002 wurden von den Studierenden gemeinsam mit dem Beratungs-, Mobilitäts- und Kompetenzzentrum (BMKz) folgende Forderungen an die Stadtverantwortlichen zusammengestellt, die Menschen mit Behinderungen und Personen mit Kinderwagen das Leben und den Aufenthalt in Klagenfurt erleichtern könnten. Zur Adventzeit passend wurden lediglich 24 Forderungen angeführt und in Form eines Adventkalenders übergeben:

  • Einrichtung weiterer Toiletten, die auch für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind (gem. Ö-Norm 1600).
  • Erteilung von Baugenehmigungen für öffentliche Gast-, Kultur- und Freizeitstätten sowie Geschäftslokale nur, wenn ein ungehinderter Zugang auch für Menschen mit Behinderungen gegeben ist.
  • Abschrägung sämtlicher Gehsteigkanten in Kreuzungsbereichen sowie Fußgeherübergängen.
  • Sämtliche Arztpraxen, Apotheken und sozialen Einrichtungen müssen auch für Menschen mit Behinderungen ungehindert zugänglich sein.
  • Ausbau geeigneter Parkmöglichkeiten für Menschen mit Behinderungen.
  • Verpflichtende Einbeziehung von Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen in städtebauliche Maßnahmen bereits in der Planungsphase.
  • Auch für Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit schaffen, sämtliche öffentlichen Verkehrsmittel ungehindert zu nutzen.
  • Konsequente Beachtung der Bedürfnisse beeinträchtigter Menschen beim Umbau des Klagenfurter Hauptbahnhofes.
  • Mehrgeschossige Parkgaragen mit Lift versehen.
  • Stadtführer „friendly“ mit detaillierteren behindertenspezifischen Informationen, insbesondere lückenlose Auflistung von Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen, erweitern, behindertenfreundlicher gestalten und auch übers Internet abrufbar machen.
  • Lifteinbau im Klagenfurter Rathaus.
  • Zugänglichkeit aller Klagenfurter Kultureinrichtungen für Menschen mit Behinderungen schaffen, z.B. Stadthaus, Künstlerhaus, Landesmuseum, Landhaus.
  • Anreize auch für Private schaffen, damit diese vermehrt für Barrierefreiheit sorgen (z.B. Citygemeinschaft).
  • Studentenheime zugänglich machen und Zimmer für Studierende mit Behinderungen schaffen.
  • Wahlfreiheit bei der Auswahl der Schule in Wohnnähe, alle Schulen bzw. Bildungseinrichtungen müssen für Menschen mit Behinderungen in Frage kommen.
  • Aufstellung von Informationsterminals an zentralen Punkten.
  • Zugänglichkeit von Service-Einrichtungen wie Banken (Bankomat) forcieren.
  • Forcierung des Ausbaus von Tankstellen mit Bedienung.
  • Ausbau von Ampelanlagen für sehbeeinträchtigte Menschen.
  • Ausstattung sämtlicher Lifte mit Tastschaltern in geeigneter Höhe, die auch von Menschen mit beeinträchtigter Armfunktion problemlos bedient werden können.
  • Forcierung eines behindertengerechten Wohnbaus (Magistrats- und Genossenschaftswohnungen).
  • Lückenlose Auflistung mit Hinweisen zu Zugänglichkeit von Arztpraxen und Gesundheitseinrichtungen in Klagenfurt.
  • Stärkere Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen auch auf kommunalpolitischer Ebene.
  • Schaffung eines Planpostens für einen Behindertenbeauftragten im Magistrat Klagenfurt und Besetzung der Stelle mit einer/einem Betroffenen.

Die Liste ist nicht vollständig und ließe sich durch weitere Punkte erweitern!