Führerschein für Menschen mit Behinderungen

Im Juni 2002 hat das Beratungs-, Mobilitäts- und Kompetenzzentrum (BMKz) eine schriftliche Erhebung bei Kärntner Fahrschulen durchgeführt, um festzustellen, wie sich die Situation in Kärnten bezüglich der Erlangung eines Führerscheines für Menschen mit Behinderungen darstellt.

Aus diversen Gesprächen und zum Teil aus eigener Erfahrung wissen wir, dass behinderte Menschen dafür verschiedenste Hürden überwinden müssen, insbesondere weil kaum behindertengerecht adaptierte Fahrschulfahrzeuge zur Verfügung stehen. Wir wollten mit dieser Erhebung einerseits feststellen, ob es in den letzten Jahren in Kärntens Fahrschulen Anfragen von körperlich beeinträchtigten Menschen gegeben hat, ob gegebenenfalls von diesen in weiterer Folge auch ein Fahrkurs absolviert wurde und andererseits, ob speziell für behinderte/beeinträchtigte Personen ausgestattete Fahrschulfahrzeuge vorhanden sind.

Die Umfrageergebnisse waren für uns sehr aufschlussreich und wir möchten uns auf diesem Wege bei allen Fahrschulen, die an der Umfrage teilgenommen haben bedanken.

Interpretation der Befragungsergebnisse

Rücklauf

Ausgesendet wurden 25 Fragebögen an alle im online-Adressenverzeichnis der Wirtschaftskammer Kärnten (www.wko.at) aufgelisteten Fahrschulen Kärntens. Neun Fahrschulen haben diesen ausgefüllt zurückgeschickt. Der Rücklauf beträgt damit 36%.

Angaben zu den BefragungsteilnehmerInnen

Wie bereits erwähnt, erfasste die schriftliche Befragung sämtliche bei der Wirtschaftskammer Kärnten registrierten Fahrschulen Kärntens. Acht der antwortenden Personen waren männlich, vier davon gaben ihr Alter mit 30-40 und vier mit über 40 Jahren an. Drei der teilnehmenden Fahrschulen sind aus dem Bezirk Spittal/Drau, zwei aus dem Bezirk Wolfsberg sowie jeweils eine aus den Bezirken Klagenfurt, Villach und Hermagor. Ein retournierter Fragebogen enthielt keine Angaben zur antwortenden Person bzw. zum Standort der Fahrschule.

Zu den Fragen 1 – 7

Auf die Frage, ob es in den letzten Jahren Anfragen von Menschen mit Behinderungen (MmB) bezüglich einer Führerscheinprüfung gegeben hat, gaben acht der antwortenden Fahrschulen an, Anfragen von MmB gehabt zu haben. In lediglich einer der antwortenden Fahrschulen gab es keine Anfragen.

In allen Fahrschulen, in denen es Anfragen gab (8), wurden letztlich auch Führerscheinprüfungen von MmB abgelegt.

Zwei Drittel der antwortenden Fahrschulen (6) gaben an, nicht über ein behindertengerecht adaptiertes Fahrschulfahrzeug zu verfügen. Drei Fahrschulen verfügen nach eigenen Angaben über ein behinderten-gerecht adaptiertes Fahrzeug. Jedoch mit der Einschränkung, dass es sich zwar um Fahrzeuge mit Automatikgetriebe handle, die aber keine Adaptierungen für eine gänzlich handbetriebene Nutzung hätten. Von den nicht selbst über ein für die Nutzung durch MmB geeignetes Fahrschulfahrzeug verfügenden Fahrschulen gab lediglich eine an, zu wissen, wo ein derartiges Fahrzeug verfügbar wäre (Einschränkung: für jede Behinderungsart wird ein eigens adaptiertes Fahrzeug benötigt).

Alle antwortenden Fahrschulen (9) signalisierten ihre Bereitschaft, MmB die Führerscheinprüfung in ihren Fahrschulen absolvieren zu lassen, wenn ein speziell auf die Bedürfnisse des Prüflings abgestimmtes Fahrschulfahrzeug zur Verfügung gestellt würde.

Drei der antwortenden Fahrschulen gaben an, kein behindertengerecht adaptiertes Fahrschulfahrzeug anschaffen zu wollen. Ein Drittel wäre prinzipiell zur Anschaffung eines derartigen Fahrzeuges (zumindest mit Automatikgetriebe als Grundausstattung) bereit. Bei einer etwaigen Subventionierung wären mehr als die Hälfte der antwortenden Fahrschulen (5) zur Anschaffung eines speziell für MmB umgerüsteten Fahrzeuges, das auch von Menschen mit schwereren Beeinträchtigungen genutzt werden könnte (also nicht nur mit Automatikgetriebe, sondern auch mit weiteren Umbauten wie Gasring etc. ausgestattet), bereit.

Lediglich zwei der antwortenden Fahrschulen sind nicht barrierefrei für MmB zugänglich, vier sind nach eigenen Aussagen zum Teil und drei uneingeschränkt (auch für RollstuhlfahrerInnen) zugänglich.

Resümee

Aus den Befragungsergebnissen kann geschlossen werden, dass vermutlich zumindest ein Drittel der Kärntner Fahrschulen bereits Erfahrungen bezüglich einer Führerscheinprüfung von Menschen mit Behinderungen, sei es durch Anfragen oder auch durch Absolvierung eines Fahrkurses, haben. Mit von den einzelnen Fahrschulen zur Verfügung gestellten Fahrzeugen dürften lediglich Menschen mit „geringen“ Einschränkungen (z.B. Bewegungsapparat eingeschränkt auf ein Bein oder eine Hand) einen Fahrkurs und die abschließende Führerscheinprüfung absolviert haben. FührerscheinkandidatInnen mit schwereren Beeinträchtigungen/Behinderungen (z.B. Tetra-/Paraplegiker) dürften vermutlich zumeist ein eigenes, ihren Bedürfnissen angepasstes Fahrzeug mitgebracht haben, was die Erlangung eines Führerscheines ungemein erschwert. Sich bereits vor dem Fahrkurs bzw. der Führerscheinprüfung ein Fahrzeug anschaffen zu müssen, das den eigenen Bedürfnissen entspricht, sollte u.E. lediglich unter ungünstigsten Gegebenheiten nötig sein, da die Finanzierung dieses Fahrzeuges zumeist von einer etwaigen Berufstätigkeit und diese wiederum von einer größtmöglichen Mobilität, die für MmB in vielen Fällen jedoch nur mittels eigenem PKW möglich ist, abhängig ist.

Wie aus den Befragungsergebnissen hervorgeht, sind viele Fahrschulen bei einer etwaigen Subventionierung zur Anschaffung eines speziell für Menschen mit Behinderungen ausgestatteten Fahrzeuges bereit bzw. würden ein zur Verfügung stehendes Mietfahrzeug beanspruchen. Anzuregen wäre daher die Anschaffung eines geeigneten Fahrzeuges evt. durch das Land Kärnten oder die finanzielle Unterstützung eines Ankaufes durch eine Fahrschule, die gegebenenfalls das Fahrzeug auch anderen Fahrschulen leihweise zur Verfügung stellen würde.

Selbstverständlich gibt es kein Fahrzeug, dass allen Beeinträchtigungsarten entspricht, jedoch meinen wir, dass es möglich wäre, ein mit Schaltautomatik, Handgas und Hebelbremse ausgestattetes Fahrzeug mit geringem Aufwand jeweils kurzfristig in einer kooperierenden Fachwerkstätte auf die Bedürfnisse von körperlich beeinträchtigten FührerscheinkandidatInnen mit verschiedensten Behinderungen umzurüsten.

Weiterführende Informationen

Mobil mit Behinderung: Trotz Handicap zum Führerschein (www.bussgeld-info.de/mobil-mit-behinderung/)

Informationen zu Fahrzeugadaptierungen

www.guidosimplex.it | www.lopic.at | www.reha-reeh.com/ | www.mobilcenter.de